Es kommt nicht mehr oft vor, das hier jemand was schreibt und es besteht die Chance, dass dies der letzte Beitrag auf dieser Seite ist. Aber darum soll es jetzt gar nicht gehen.
In Berlin tobt die IFA, die die Welt mit neuem Elektronikschrott überschwemmen wird (und die Küsten Afrikas mit neuem Altem), während Deutschland aufgrund der heranrückenden Bundestagswahl mit Wahlplakaten überschwemmt ist. Wenn man in diesen Tagen durch Innenstädte geht, kommt es vor, dass man Menschen trifft, die einen in der Frage der eigenen Wahlentscheidung beeinflussen wollen, und auch wenn man diese meidet, gibt es reichlich offline-Adsense-Parolen, die, gäbe es keine Farben, kaum den einzelnen Parteien zuortbar wären.
Da ist etwa die Freie Demokratische Partei (die nicht frei sein will, sondern sich wie eine hässliche Braut den christlichen Unionsparteien an den Hals wirft, zwecks “Schwarz-Gelb”), die wohl den Mindestlohn einführen will, wirbt sie doch mit dem Slogan “Arbeit muss sich wieder lohnen”. Hakt man dann aber nach, etwa bei den netten FDP-Wahlkampfteams in den Innenstädten, wird man stattdessen mit Sprechblasen zugeschüttet, das man irgendwann, ermüdet, erschöpft und verwirrt weiterirrt, so wehrlos, dass es passieren kann in die Fänge der so genannten Sozialdemokraten zu geraten.
Die Sozialdemokraten könntem dem deutschen Wähler sympathisch sein, scheinen sie doch genauso verwirrt, wie der typische deutsche Wähler nur sein kann, nach dem er trotz “Arbeit muss sich wieder lohnen” bei den Freien Hasstiraden auf Mindestlöhne gehört hat. Woran ich diese Verwirrtheit festmache? Nun, ganz einfach. Am letzten Sonntag gab es in Deutschland auch ein paar Wahlen und obwohl man nicht wirklich gewann (in Thüringen 4%, in Sachsen 0,6%, aber im Saarland ein Minus von 6,3% zu verzeichnen hatte), die eigenen Ziel und Erwartungen jedenfalls nicht aus eigener Kraft erreichte (wenn im Saarland und in Thüringen die CDU-Ministerpräsidenten abgewählt sind, so liegt das nicht so sehr an einer starken SPD, eher am Zuwachs der Grünen und der FDP), sieht man sich als Sieger, weil der Hauptkonkurrent CDU mehr verlor. So eine Argumentation ist zwar nicht gänzlich falsch, aber doch an den Haaren herbeigezogen, wenn man mal überlegt, wo welche Partei vorher stand, und wem es genutzt hat: Den Sozialdemokraten ist nicht gelungen, was man als Erfolg wirklich hätte feiern können; hat man doch nirgends die CDU in Prozenten und Parlamentssitzen überholt.
Aber das alles ist nur ein Aspekt dieser Verwirrtheit, der irrige Glaube, dass die Mehrheit der Wähler so blöde ist zu glauben, dass die SPD tatsächlich nun das umsetzt, was sie an sozialen Programmen verspricht (unter anderem jenen altbekannten Mindestlohn), ist um einiges abgefahrener, wenn man davon ausgeht, dass die deutsche Wählerin und der deutsche Wähler noch nicht so umnachtet sind, dass sie schlichtweg nicht mitbekommen haben, dass die SPD seit 11 Jahren Teil der Bundesregierung ist, also genug Zeit gehabt hätte, irgendeines jener Vorhaben umzusetzen, die man nun anpreist.
Aber vielleicht ist das eine Strategie, deren Sinn mir nur nicht erschließt – vielleicht ist es ja einfach ein Kalkül, dass man mit umgesetzten Vorhaben nicht mehr in der Zukunft werben kann, da sie ja schon Realität sind… ich weiß es nicht, denn ich bin verwirrt, irre durch die Innenstadt einer deutschen Landeshauptstadt. Was ich zunächst nach diesen Erfahrungen für ein weiteres Wahlkampfteam halte, ist nur ein Werbeteam, ich bin heilfroh, nicht noch in Grüne, Linke oder Christdemokraten hereingelaufen zu sein, ich höre sogar zu, nehme den Werbeflyer mit, um ihn routiniert in den nächsten Papierkorb zu werfen und habe Sekunden später komplett vergessen, wofür geworben wurde.
Zurück zu jenem Wahlkampf, nachdem sich meine Verwirrung wieder gelegt hat und nicht mehr vor meinem geistigen Auge einen “Einkaufsbummel” wiederhole, den es vor ein paar Tagen tatsächlich so gegeben hat. Wahlkampf an sich scheint partiell paradox zu sein in seiner Ausführung. Ich weiß nicht, wie viele Parteien dieses Jahr einen sozial-ökologischen Wandel versprechen, es sind wohl auf jeden Fall drei, aber sie alle werben konventionell und erzeugen damit jede Menge Abfall, was schon mal nicht gerade ökologisch ist und aufgrund dieser stumpfen Werbemittel, die ich mit meinem Reallife-Adblock kaum wahrnehme, auch nicht von großer sozialer Kompetenz zeugt, sondern nur davon, dass man es schafft, austauschbare und nichtssagende Parolen auf Papier oder Plastik abzudrucken. Moment, sind alle Parolen austauschbar und nichtssagend? Die Linke scheint zu versuchen, Programm zu vermitteln, jedenfalls auf den Plakaten, auf denen man sich nicht darauf beschränkt, Marx und Engels Lenin und Stalin Gysi und Lafontaine einzeln als Identifikationsköpfe abzubilden, was an sich nicht schlecht ist, wenn man bedenkt, dass beide, so sehr sie auch in jenen Politiktalkshows, deren Niveau gar nicht mal so weit von ihren prekären Pendants entfernt ist, gemobbt werden mögen, sich doch immer ganz gut schlagen, da sie rhetorisch talentiert sind und zu wissen scheinen, wofür sie stehen – weswegen man sie dann von unbegabterer Seite als Populisten beschimpft, was, wenn es nicht so viele Menschen gedankenlos hinnehmen würden, an sich ein großartiger Witz ist: Man stelle sich vor, Sportler würden dafür beschimpft, dass sie schwitzen!
Die Grünen, eine Partei unter vielen, die einen Großteil ihrer einstigen Ideale längst verraten hat und sich damit zu den “etablierten Parteien” zählen darf, einem Ehrenrang, den man in Deutschland eben nur über jenen Schritt der Selbstüberwindung erreicht, warnt, dass hat Adblock wohl nicht adäquat gefiltert, mit einem Castor, der Schwarz-Gelb ist, vor Schwarz-Gelb, also der Ehe zwischen den scheinprüden Unionsparteien, die sich ganz im Stile ihrer ewig abwartenden, ewig vorsichtigen und doch kämpferischen Grand Dame nicht klar positionieren und der sich ihnen so schön an den Hals schmeißenden, billigen, gelben Braut (bei der man weiß, wo sie steht, wie der Möchtegernvizeikanzler kürzlich feststellte). Gleichzeitig aber ist es nicht undenkbar, dass sich jene Grünen zu den noch nicht ganz, aber fast Verlobten, vor denen sie warnen, zu einer ‘Ménage à trois’ ins Bett stehlen, wenn die Resultate am Wahlabend die, wie es eine Vize-Bundesvorsitzende der FDP kürzlich “Unter den Linden” ausdrückte, “Zweckehe” nicht gestatten.
Diese Ménage à trois würde Deutschland unter die Herrschaft eines karibischen Antillenstaates stellen, auch wenn die PolitikerInnen aller beteiligten Parteien, teils, weil es en vogue ist, teils, weil sie es wirklich wollen, karibische Temperaturen gern vermeiden wollen, mal mit Castor, mal anders, nämlich mit Sonne, Luft und Liebe – somit bleibt wohl nur ein wenig mehr Armut als Vorzug dieser Lösung.
Viel anderes ist übrigens auch nach der Wahl nicht möglich, wenn die Demoskopen nicht gänzlich falsch liegen, werden mehrfach erwähnte Unionsparteien, die mich bislang mit ihrem Wahlkampf schön in Frieden gelassen haben, wohl wissend, dass ich familiär vorbelastet bin und zudem mit dem nicht geringen Selbstbewusstsein, die Kraft zu haben (nein, nicht die Kraft, sondern DIE KRAFT), wie sie es auf ihren Wahlplakaten zu verkünden pflegen, wohl an der nächsten Bundesregierung beteiligt sein, entweder so, wie bisher, mit den so genannten Sozialdemokraten, als Jamaica oder eben Schwarz-Gelb.
Jetzt mag man sich fragen, was denn eigentlich der Unterschied zwischen den realistischen Regierungskonstellationen ist.
Ich will bei Schwarz-Gelb beginnen, da es am einfachsten ist: Die Farben stehen im Vordergrund. Also ist klar, dass Borussia Dortmund die nächsten vier Jahre Deutscher Fussballmeister wird, zudem jeder einen Castor in den Keller bekommt und Schwarzwurzel mit Banane neues deutsches Nationalgericht wird.
Bei Jamaica ist leider nicht klar, was herauskommt, eine Ménage à trois beinhaltet einiges an Sprengkraft, weswegen es hier (wie auch sonst wohl) weitere Antiterrorgesetze geben wird, auch wenn im Wahlkampf von Seiten der Bananen und Gurken andere Absichtserklärungen verbreitet werden. Das Wetter wird sich nicht ändern, jedenfalls nicht kurzfristig, es wäre denkbar (wenn auch nicht zu hoffen), dass die Grünen nach dieser Regierungsbeteiligung den Orden umgehängt bekommen, eine äußerst etablierte Partei zu sein – was sich zuvor in Castoren für alle ausdrücken würde. Die Auswirkungen auf den Fussball sind auch unklar, aber ich glaube fest an mehr karibische Rhythmen in deutschen Stadien.
Schwarz-Rot
bedeutet Tod. Das reimt sich zwar, aber ist zum Glück nicht wahr, denn außer, dass nicht viel geschehen wird, da beide Elemente als ehemalige Volksparteien behaupten können, dass ihre jeweiligen Gesetzesinitiativen mit dem Partner nicht zu machen sind. Absehbar sind Steuererhöhungen und es erscheint gesichert, dass mindestens die SPD geschwächt aus dieser Ehe heraus gehen wird, jedenfalls, was Wählerstimmen angeht. Aber, machen wir uns da nichts vor, Demokratie wäre ohnehin einfacher, wenn nicht ständig gewählt würde, vor allem nicht, wenn die, die da wählen, mündige Bürger sind. Und da beide Partner dieser zweckhaften Zwangsehe zwanghaften Zweckehe das wissen, werden sie ihre Bürgerrechts- und Bildungspolitik entsprechend ausrichten.
Für den Fussball bedeutet das lediglich, dass Eintracht Frankfurt die nächsten 4 Jahre nicht absteigt und versucht werden wird, die gelbe Karte durch eine Schwarze zu ersetzen.
Jetzt mag der ein oder andere behaupten, dass das, was ich da geschrieben habe, grober Unfug sei…