Schall und Wahn

Es fällt mir schwer, über Musik zu schreiben, ich habe keine Erfahrung darin – und meine musikalische Erziehung war auch nur durchschnittlich, mir fehlt also an vielen Stellen Vokabular, so dass ich nur Eindrücke wiedergeben kann, nicht wirklich analysieren. Andererseits ist das hier nur Pop – keine Geheimwissenschaft, wenn man so will. Und ich muss über diese neue CD von Tocotronic einfach schreiben.

Schall & Wahn heißt der neue Tonträger der Band, die man dereinst in den 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts zur “Hamburger Schule” zählte. Hamburg ist aber nicht mehr der exklusive Ort der Band, das neue Album “Schall & Wahn”, das 9. Studioalbum Tocotronics vollendet die sogenannte Berlin-Triologie der Band, die 2006 mit “Pure Vernunft darf niemals siegen” begann und 2007 mit “Kapitulation” fortgesetzt worden war.

In den knapp 17 Jahren, die zwischen dem Debut “Digital ist Besser” und “Schall & Wahn” verstrichen sind, hat sich die Band mehrfach gewandelt – begann man mit Schrammelsound und plakativen Botschaften à la “Ich möchte Teil einer Jugendbewegung sein” und meist ellenlangen Songtiteln, stellte das 2002 erschienene “weiße Album” mit dem Titel Tocotronic eher Pop mit verkünstlerten Texten dar (etwa “In den Adern des Holzes seh ich Gesichter” (Textstelle aus “Free Hospital”)) – wie man sich denken kann, war manch ein “Fanatiker” von dieser Wandlung nicht zwingend begeistert.

Mit “Pure Vernunft darf niemals siegen” (insbesondere dem Titel “Aber Hier Leben, Nein Danke!”) schlugen die “Tocos” dann eine Brücke zwischen eher rockigen Botschaften und Künstelei, ein Weg, den auch Kapitulation bestritt – und der nun mit “Schall & Wahn” weitergeführt wird.

Wochen vergehen, denn ich kann nicht weiterschreiben. Bei jedem Satz, den ich schreibe, überkommen mich Zweifel an seiner Richtigkeit. Es könnte falsch sein, und das will man nicht. Und ist so eine Einordnung in den Werkkontext überhaupt nötig? Oder sinnvoll? Währenddessen schießt das Album auf Platz eins der deutschen Albencharts – aber wer sich mit Musikmanagement befasst, weiß, dass das nicht mehr viel bedeutet. Dennoch, ein Achtungserfolg. Und ich lese weder Feuilltonbesprechungen noch den Artikel in der Spex, die ich extra deswegen erwarb. Was bleibt: Es ist ein gutes Album. Eines der besten von Tocotronic. Ob es mein Lieblingsalbum wird? Das zeigt die Zeit allein.