notizbuch

frank, müde, trinkt einen weiteren espresso.

er sitzt bequem, man könnte seine körperhaltung auch liegen nennen, es fehlt nicht viel. auf seinen beinen ruht sein grünes notizbuch, es ist grellgrün und auf die erste seite hat frank vor längerer zeit geschrieben.
“Ich hasse liniert.” und darunter: “Ich hasse grellgrün.”
Und dadurch, dass er das getan hat, hat er dieses gelbgrüne (das grün ähnelt dem grün des frischen laubes im mai, ist nur noch einen tick heller und dadurch fast schrill) notizbuch begonnen und kann nicht mehr in seinem alten moleskine weiterschreiben, das noch ein paar freie seiten anzubieten hätte.

irgendwie ist frank auch ganz froh darum, wie jedes seiner notizbücher bislang ist auch das moleskine “a mixed back”, zwischen gedichts- und geschichtenentwürfen lauern lose notizen und, der abgrund, einkaufszettel. “nicht gut”, denkt frank, “nicht gut, wenn man beim durchsehen auf so profanen scheiß trifft.” tatsächlich haben ihm diese einkaufszettel schon oft die laune verdorben, er hat sich gefragt, warum er sich damals bloß nicht beherrschen konnte “ich hätte mir den scheiß doch auf die hand schreiben können” – eins hat er sich vorgenommen: in dieses notizbuch kommen nicht solche lapalien – sonst könnte er, von linierung und farbe schon mitgenommen das büchlein wutentbrannt in den papierkorb werfen – man stelle sich vor, er vergäße es wieder herauszunehmen..

frank trinkt den vorletzten schluck seines mit nicht zu wenig milch angereicherten espressos, den er mit honig etwas gesüßt hat – er muss sich unbedingt mal haselnusssirup beschaffen, denn kaffee mit milch und haselnusssirup, dafür würde er sterben, fast jedenfalls. wie in der letzten zeit in jeder freien minute – also wenn er nicht lernt und hinter dem tresen zu tun hat, denkt frank über die planungen und vorbereitungen seiner wanderung nach, es gibt viel zu tun – und so glücklich, wie ihn die planungen machen, wird die wanderung nach skagen wunderbar – er darf sich nur nicht verletzen. am nächsten tag, das hat er sich jedenfalls vorgenommen, will er die erste etappe nach seiner tour wandern, diese hirnrissige idee, von skagen nach syrakus zu wandern, sie ist ihm gekommen, als er im januar nach einer böse durchzechten nacht vor der europakarte im treppenhaus gekommen und ist nicht mehr gegangen: frank wird solotrekker, er hat es sich fest vorgenommen, nur die beine können es ihm noch verleiden.

und die planungen, frank hat schon lange nicht mehr mit so viel spaß und akribie an etwas gearbeitet, noch nicht man an seinen buchplänen, es ist ist konkret und vor allem: was er dann tun wird, hat nichts mit kopfarbeit zu tun, sondern nur mit körperlichem kampf und krampf, er hofft inständig, dass ihm diese wanderung in der bösen sache mit seinem roten notizbuch hilft, es muss ihm weiterhelfen, ein strohhalm, kein letzter, aber einer von wenigen. “die wiederherstellung eines selbstbewusstseins, von tatkraft”, denkt frank, “das ist, worum es geht.” und er denkt an ein anderes thema, daran, dass er noch stellas email beantworten “muss”, er mag die fragen nicht, die darum kreisen, wie es ihm geht, was er macht, er hat stets angst zu ausufernd zu antworten, zu wenig auf die andere person einzugehen,”zu egozentrisch vorzugehen” um es mit heinrichs worten auszudrücken, mit dem er sich beim espressokochen bereits über dieses thema ergangen hat.

“ich muss aufhören zu denken, sonst geht es mir gleich scheiße”, denkt frank und schaut aus dem fenster, siehe da, es regnet, wie gemacht für einen regenjackentest, er wird rausgehen, er trinkt den restlichen (zwischendurch nachgefüllten) espresso auf ex, legt das grüne buch weg, steckt sein smartphone in die hosentasche, schirmmütze auf den kopf, regenjacke an, kapuze über schirmmütze und los. “man muss nur sehen, dass man genug zu tun hat, um nicht nachzudenken.”