Der gestrige Wahlabend hat zwei Ergebnisse geliefert, dass ich sehr erhofft habe. Das Ende der “Großen Koalition” und eine deutliche Wahlniederlage für die SPD.
Nicht, dass ich ein Freund von Schwarz-Gelb bin, nein, wirklich nicht. Aber gerade deswegen freue ich mich darüber, dass CDU/CSU und FDP nun beweisen dürfen, was sie können – nichts ist schädlicher in Sachen Wählergunst, als schlechte Regierungsarbeit. Und diese ist nicht unwahrscheinlich, die FDP muss etwa beweisen, dass ihre Bürgerrechtspositionen nicht nur Staffage sind – und die CDU/CSU wird keine zu neoliberale Wirtschafts- und Sozialpolitik fahren dürfen, sonst erwacht der Politikzombie SPD doch noch einmal – oder die Linke ist bei der nächsten Bundestagswahl jenseits der 20%-Marke. Man muss das Regierungsprogramm und die Besetzung des Kabinetts abwarten, um hier mehr Aussagen treffen zu können, bis jetzt kann man nur sagen: Schwer wird es auf jeden Fall. Geschenke kann man keine verteilen, die Kassen sind leerer als leer und wenn dann bald (wie gelegentlich gemunkelt) die Arbeitslosenzahlen steigen… Die Regierungsarbeit in dieser Legislaturperiode ist nicht gerade das, was man als angenehme Aufgabe bezeichnet.
SPD. Oder sPD? Egal, wenn diese Partei weiter so verliert, muss sie in einem Jahrzehnt trotz all ihrer Tradition vielleicht das Schicksal der Zentrumspartei teilen, die Bedeutungslosigkeit. Nur wie kann die SPD es schaffen, ihre Wählerschaft – mal ausgehend davon, dass die -5% Wahlbeteiligung vor allem aus enttäuschten, ehemaligen SPD-Wählern besteht – wieder zu gewinnen? Lag es an der fehlenden Machtoption? Resignierten SPD-Wähler vor der Demoskopie? Oder haben sie die Politik ihrer arroganten Führungsebene nur reichlich satt? Und hätte man mit Kurt Beck noch schlechter abgeschnitten? Was soziale Politik angeht, wird die Linke die SPD weiter vor sich her treiben – und wenn es der Linken gelingt, sich personell im Westen zu stabilisieren und zu profilieren (vielleicht auch mit enttäuschten Ex-SPD-Anhängern), hat sie auf diesem Gebiet wirklich nicht viel zu holen, sobald der deutsche Michel begreift, dass “Die Linke” sich nicht nur aus bösen Kommunisten zusammensetzt.
Aber wohin? Sich zur Bürgerrechtspartei aufschwingen? Da sind FDP und Grüne stärker. Umwelt? Kurzum: Die SPD ist von allen Seiten bedrängt, auch ein längst überfälliges Abwerfen der “Schröderianer” und Seeheimer, die in dieser Partei nach wie vor das Sagen haben, wird nicht automatisch einen leichten Weg bereiten – und da ein Steinmeier sich vorgenommen zu haben scheint, zu bleiben und ein Müntefering sich vielleicht dann doch aufs Altenteil zurückzieht, um nicht irgendwann mit der vergreisten Führungsriege des untergegangenen, anderen, deutschen Staates verglichen zu werden.
Insgesamt müssen beide Volksparteien, von der die eine seit gestern im Bund keine mehr ist, genau analysieren, wo sie verloren haben und weshalb und versuchen, jene Themengebiete, die sie übersehen haben, wenigstens ansatzweise auch besetzen – wenn sie Volksparteien bleiben wollen. Denn machen wir uns da nichts vor: Die Union muss in dieser Koalition aufpassen, dass ihr eine aufgrund des Wahlergebnisses sehr starke FDP nicht die Butter vom Brot nimmt. Kann die FDP bei der nächsten Bundestagswahl ihr Ergebnis annähernd halten oder gar ausbauen, müssen die Unionsparteien um ihren Volksparteienstatus fürchten, den sie auch jetzt nur noch haben, solange man die Wahlbeteiligung außer Acht lässt.
Das, was vorher sicher war, ist eingetreten. Angela Merkel ist alte und neue Kanzlerin, die FDP ist aufgrund der sozialdemokratisierten CDU/CSU bei den Zweitstimmen gewachsen, wovon letztlich auch die CDU dank der unseligen Überhangmandate profitiert, die Piraten haben den Einzug nicht geschafft.
Die Zukunft bleibt spannend.